Buchveröffentlichung, November 2019: Gold foil figures in focus
Pesch/Helmbrecht (Eds.) 2019:
Alexandra Pesch, Michaela Helmbrecht, Gold foil figures in focus. A Scandinavian find group and related objects and images from ancient and medieval Europe. Papers presented at an international and interdisciplinary workshop organized by the Centre for Baltic and Scandinavian Archaeology (ZBSA) Schleswig, October 23rd to 25th, 2017.
Advanced studies in ancient iconography 1. Schriften des Museums für Archäologie, Ergänzungsreihe 14
(München 2019).
ISSN 2364–4680,
ISBN 978-3-89937-249-6.
€ 68,00.
Etwa 4000 winzige Goldblechfiguren aus dem 6.–8. Jh. unserer Zeitrechnung stammen von Fundplätzen in Skandinavien. Sie zeigen männliche und weibliche Figuren, aber auch solche mit unklarer Geschlechtszuweisung, bekleidet oder unbekleidet, einzeln oder in Paaren, sowie in sehr seltenen Fällen Tiere. Manche Figuren sind sehr sorgfältig gearbeitet, andere nur grob ausgeschnitten. Trotz umfangreicher Forschungen während der letzten Jahrzehnte bleiben Funktion und Bedeutung dieser Objekte in vielerlei Hinsicht rätselhaft. Allerdings ist ihre „Entschlüsselung“ sehr wichtig, um die Kulturen des Nordens dieser Zeit zu verstehen. Das vorliegende Buch versammelt hervorragende Beiträge aus zahlreichen Feldern der Forschung zum Thema und zeigt unterschiedliche Sichtweisen auf diese Objekte, während zugleich neue Herangehensweisen und Interpretationen erörtert werden. Die wichtigsten Ergebnisse werden in einer Synthese zusammengefasst.
Mögen die zarten Goldblechobjekte auch schön sein, so ist ihre Entstehung doch auf eine schreckliche Klimakatastrophe in der ersten Hälfte des 6 Jh. zurückzuführen, die zu Missernten, Hunger und Verteilungskämpfen in Nordeuropa führte und damit letztlich zur Herausbildung einer entschieden kriegerischen Gesellschaft. Andererseits ging damit auch die Entstehung neuer „Bildprogramme“ einher, etwa dekorativer Elemente auf Waffen und Helmen, die wohl die Krieger selbst in stark stilisierter Form darstellen. Die Goldblechfiguren zeigen dieselben Personen, nun aber bei der Verehrung von Göttern oder der Durchführung von Fruchtbarkeitsritualen; Handlungen, die eine weitere Reaktion auf die Klimakrise darstellen dürften. Es zeigt sich, dass viele überlieferte Facetten germanischer Kunst, besonders der Völkerwanderungszeit, transformiert und zu den Formen der Vendelzeit hin weiterentwickelt wurden. Damit sind die bildlichen Darstellungen auch Nachweise kulturellen Überlebens und sozialer Re-Organisation. Aber auch Impulse von außen wurden integriert: anders als zuvor wurden nun auch Frauen häufig dargestellt.
Der vorliegende Band repräsentiert ein wichtiges Zwischenergebnis des langjährigen ZBSA- Forschungsprojekts „Gold foil figures in focus“. Das überwiegend englischsprachige Buch umfasst 450 farbige Seiten; es bündelt die Beiträge eines Workshops, der im Oktober 2017 in Schleswig stattfand. Die einzelnen Beiträge stammen von herausragenden Forschenden aus sieben Ländern, die jeweils unterschiedlichen Forschungsfragen nachgehen. Sie alle betrachten die winzigen Goldblechfiguren bzw. ihre figürlichen Darstellungen aus jeweils eigener Perspektive, tragen Fakten zusammen und gewinnen so neue faszinierende Einsichten.
Autoren (in alphabetischer Reihenfolge): Jennifer M. Bagley, Charlotte Behr, Svante Fischer, Manuel Flecker, Axel Chr. Gampp, Michaela Helmbrecht, E. Siv Kristoffersen, Bente Magnus, Sonja Marzinzik, Kyrylo Myzgin, Sigmund Oehrl, Alexandra Pesch, Yvonne Petrina, Olof Sundqvist, Egon Wamers, Margrethe Watt, Torun Zachrisson