Ausgrabungsgebiete in Schnefeld

Schenefeld gräbt aus

Archäologie hautnah erleben

In Zusammenarbeit des Exzellenzclusters ROOTS der CAU Kiel mit dem Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie, dem Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein sowie dem Leibniz-Institut für Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik und der Christian-Albrechts-Universität Kiel wurden erstmalig in Deutschland kleine Suchgrabungen mit und von Bürger:innen in Schenefeld, Kreis Steinburg durchgeführt.
Der Einsatz von Freiwilligen ist in der archäologischen Forschung nicht neu. Immer wieder unterstützen enthusiastische Menschen Ausgrabungen oder geben Hinweise auf mögliche Fundstellen. Doch das Projekt „Schenefeld gräbt aus“, bei dem im Mai und Juni 2022 mehr als 100 Erwachsene, Jugendliche und Kinder aus der schleswig-holsteinischen Gemeinde weitgehend selbständig mit Hilfe von Spaten, Kellen und Pinseln in die Vergangenheit ihres Ortes vordrangen, ist in Deutschland bislang einmalig.

»Schenfeld gräbt aus« im Juni 2022. Das Freiwilligen-Team von Suchgrabung 22 entfernt eine weitere Schicht.
»Schenfeld gräbt aus« im Juni 2022. Dr. Fritz Jürgens (Inst. f. UFG der CAU) sieht sich Suchgrabung 22 genauer an.
»Schenfeld gräbt aus« im Juni 2022. Gruppenbild der Teilnehmer:innen.

Erfahrungen aus Großbritannien auf Deutschland übertragen

Ein Treffen zwischen Prof. Dr. Claus von Carnap-Bornheim (Exzellenzcluster ROOTS und ehemaliger Direktor des ZBSA) Prof. Dr. Carenza Lewis der University of Lincoln gab 2019 den Anstoß für das deutsche Pilotprojekt. Innerhalb der Community Archaeology hat Dr. Carenza Lewis langjährige Erfahrungen in England sammeln können und konnte die Ausgrabung unterstützen.
Forschungsgeleitete Ausgrabungen in besiedelten Orten sind selten, so dass diese Kleingrabungen einzigartige neue archäologische Funde hervorbringen können, mit denen die Geschichte eines Ortes rekonstruiert werden kann. In den meisten Fällen können die Flächen innerhalb von zwei Tagen erklärt und abgeschlossen werden. Da nur wenig Dreck entsteht können die Suchgrabungen auch auf privaten Grundstücken sowie öffentlichen Flächen stattfinden. Die kurze Dauer lässt es zu, dass die Teilnehmenden den gesamten Ausgrabungsprozess von Anfang bis Ende miterleben können.
Nach entsprechenden Einführungen der Fachleute öffneten die Schenefelder:innen an zwei Wochenenden im Mai und Juni 2022 insgesamt 31 je ein Quadratmeter große Suchgrabungen in Gärten, auf Wiesen und öffentlichen Plätzen im ausgewählten Gemeindegebiet. Zahlreiche Archäolog:innen der beteiligten Institute waren anwesend, um den begeisterten Freiwilligen beim Ausfüllen der Grabungsprotokolle oder bei der Erfassung der Funde zur Seite zu stehen. Mehr als 2.000 Einzelfunde wurden erfasst und konnten anschließend wissenschaftlich analysiert werden.

Bürgerinnen und Bürger ergraben mehr als 1000 Jahre Siedlungsgeschichte

Der kommunalen Ausgrabung lag die Annahme zugrunde, dass es sich bei Schenefeld um eine der ältesten kontinuierlich bewohnten Siedlungen in Schleswig-Holstein handeln könnte. Entsprechend alte Bauteile der Schenefelder St.-Bonifatius-Kirche sowie einzelne, frühere archäologische Funde deuteten darauf hin. Die Ausgrabungen im Frühjahr bestätigen jetzt eine umfassende Siedlungstätigkeit in Schenefeld bereits im späteren 1. Jahrtausend nach Christus. Neben diesen älteren Keramikfunden aus dem Frühmittelalter fanden sich allerdings nur sehr wenige bis keine Keramikfunde aus der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends, also aus dem hohen Mittelalter. Die mehrheitlichen Keramikfunde sind neuzeitlich.
Inwieweit Schenefeld seit dem ersten Jahrtausend durchgehend besiedelt war und wo genau sich die Menschen im Mittelalter niederließen, lässt sich anhand der bisherigen Grabungen noch nicht eindeutig klären. Dazu wären weitere Untersuchungen notwendig.


Befragung belegt große Begeisterung der Teilnehmer:innen

Die Auswirkungen des Projekts auf die Gemeinde und die Menschen im Ort untersucht das IPN anhand von Fragebögen. Eine vorläufige Analyse zeigt, dass sich die Teilnahme an der Ausgrabung positiv auf die Menschen und das Gemeinschaftsgefühl in der Gemeinde auswirkt. 70 % der Befragten würden noch einmal mitmachen und fast 90 % ihren Freunden zu einer Teilnahme an einem solchen Projekt raten. Das bestätigen ähnliche Untersuchungen aus Großbritannien, den Niederlanden, Polen oder Tschechien, wo derartige partizipative, gemeinschaftsarchäologische Projekte schon seit vielen Jahren praktiziert werden.
Die sehr erfolgreiche Premiere für eine kommunale Ausgrabung in Schleswig-Holstein, sowohl bezüglich der Schenefelder Siedlungsgeschichte als auch der Vorteile von Citizen-Science-Ausgrabungen, lässt die Archäolog:innen hoffen, dass viele weitere Projekte in ähnlicher Form folgen werden.

Dieser Film entstand im Frühjahr 2022 während der Ausgrabungswochenenden in Schenefeld/Mittelholstein.

Ausgrabung der Grubenhäuser
Ausgrabung der Grubenhäuser 2008 ©ALSH
Übersichtskarte der Ausgrabungsgebiete
Mögliche Ausgrabungsgebiete ©Reinhard Heesch

 

Kontakt zum Projekt:
Ilka Rau M.A.

Centre for Baltic and Scandinavian Archaeology (ZBSA)
Schloss Gottorf, Landesmuseen SH, Schlossinsel 1, D-24837 Schleswig
Tel. 04621 – 813 662
E-Mail: ilka.rau@zbsa.eu