Forschungen zum älterkaiserzeitlichen Fundplatz von Hoby, Lolland

Hoby SteinDr. Ruth Blankenfeldt

Auf der dänischen Insel Lolland befindet sich der Fundplatz Hoby, welcher mit einer 1920 entdeckten Grablege eines der am reichsten ausgestatteten Körpergräber aus der Älteren Römischen Kaiserzeit in Nordeuropa aufweist. Neben edelmetallenen und bronzenen Gegenständen örtlicher Herkunft enthielt diese Grablege ein umfangreiches Trink- und Speisegeschirr italischer Provenienz. Die bekanntesten Gegenstände stellen dabei sicherlich zwei große Silberbecher mit Szenen aus der Ilias von Homer dar. Ein weiteres in der Nähe gefundenes Grab aus der Zeit kurz vor Christi Geburt kann ebenfalls einer Person von gehobenem Status zugeordnet werden.

Nach ersten Keramik- und Detektorfunden sowie anschließenden kleinen Probegrabungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde in ca. 250 Meter Entfernung zur älterkaiserzeitlichen Bestattung eine zeitgleiche Siedlung lokalisiert. Unter der Leitung von Susanne Klingenberg, Nationalmuseum Kopenhagen, wurde 2005 eine größere Grabungskampagne durchgeführt, bei der u.a. die Reste eines großen Gebäudes sowie von zehn zum Teil mehrphasigen Häusern dokumentiert wurden.

Hoby Siedlungsfläche
Hoby, Siedlungsfläche.

2010 wurde in Zusammenhang mit dieser Fundstelle ein Kooperationsprojekt zwischen dem Nationalmuseet Kopenhagen, dem Museum Lolland-Falster und dem ZBSA geschlossen. Im Fokus stehen dabei neben einer monographischen Publikation der Grabfunde die feldarchäologischen Untersuchungen der Siedlung und die anschließende Auswertung der Funde und Befunde. Zudem sind die Untersuchungen in Hoby seit 2011 auch Teilbereich des Projektes „Førkristne kultpladser“, angesiedelt am Nationalmuseum Kopenhagen.

Das ungefähr zwei Hektar große Siedlungsareal und das Gebiet um die alten Grabfundstellen wurden im Mai 2010 vollständig unter der Leitung von Christina Klein, Institut für Geophysik der CAU Kiel, mit Geomagnetik untersucht. Fast sieben Hektar mit zahlreichen Anomalien wurden so vermessen. Von 33 dieser Strukturen wurden zusätzlich durch Pürckhauerbohrungen Profile erschlossen, wobei sich in einem Großteil Hinweise auf archäologische Kulturstufen fanden.

Geomagnetische Prospektion des Siedlungsareals.
Geomagnetische Prospektion des Siedlungsareals.

In den Sommermonaten der letzten Jahre wurden mehrwöchige Grabungskampagnen in der älterkaiserzeitlichen Siedlung durchgeführt. Unter der Leitung dänischer Archäologen sind diese Feldarbeiten als Lehrgrabung angelegt, bei denen neben Studenten aus Kopenhagen im Jahr 2014 auch erstmalig Studierende der Universität Århus teilnahmen. Letztere erprobten zusätzlich bestimmte dreidimensionale Dokumentationsverfahren, welche in einer Dissertation ausgewertet werden sollen.

Durch die Ausgrabungskampagnen konnten unterschiedliche Bereiche der Siedlung genauer betrachtet werden. So wurde das 2005 bereits aufgedeckte 25 Meter lange Haus inzwischen vollständig ergraben, des Weiteren wurden mittlerweile über zwei Dutzend Haus- und Gebäudebefunde dokumentiert. Dabei konnten zum Teil die alten Lehmbodenverputze aufgedeckt werden; in einem Fall ist ein Stück verbrannter Hauswand erhalten, welches noch deutliche Abdrücke von Flechtwerk und Lehmverputz zeigt und beim Zusammenbruch des Hauses vor ca. 2000 Jahren verstürzt und etwas außerhalb des Brandherdes geraten zu sein scheint.

Das Arbeitsteam der Grabungskampagne
Team der Grabungskampagne.

Zwischen den zum Teil mehrphasigen Häuserbefunden wurden Hinweise auf ein planmäßig angelegtes Wegenetz gefunden, zudem konnten zahlreiche Herdstellen und Kochgruben untersucht werden. In einem Bereich der Siedlung liegt eine große Abfallstelle, in der sich zahlreiche Keramikscherben und fragmentierte Knochen befinden.

Sämtliche während der Grabungsarbeiten gefundenen Tierknochen werden unter der Leitung von U. Schmölcke in dem Forschungsbereich Archäozoologie und Faunengeschichte am ZBSA analysiert. Anhand der gut erhaltenen Stücke können Aussagen über Anzahl und Alter der hier angetroffenen Spezies sowie die quantitativen Verhältnisse allgemein getroffen werden. Auch für a-DNA-Material liegen ideale Konservierungsbedingungen vor, so dass durch E. Nikulina im Labor für Archäogenetik am ZBSA bereits zahlreiche Proben aus Schafszähnen extrahiert und analysiert werden konnten. Diese lieferten bereits erste Ergebnisse in Bezug auf Fragen zur Zusammensetzung der Schafpopulation im älterkaiserzeitlichen Hoby. Zu den nach Schleswig verbrachten Tierknochen gehören auch Funde außerhalb des großen „Abfallbereichs“ in der Siedlungsfläche, wie bspw. ein 2013 unter einem Haus entdecktes und somit vermutlich geopfertes Pferdeskelett. Ergänzt wird diese kultische Komponente durch ein weiteres Grabungsareal, in dem mehrere Strukturen auf bewusst niedergelegte bzw. nach einem bestimmten Muster zerstörte Keramik hinweisen.

Grabungsfläche wird geputzt
Befund eines Hauses wird geputzt.

Im Nordosten der Siedlungsfläche befindet sich ein Bereich, der deutlich tiefer abzugraben ist, weshalb gegen das nach oben drückende Grundwasser eine Pumpe eingesetzt werden muss. Trotz der erschwerten technischen Bedingungen gelang es, am Grund dieses Befundes einen langgezogenen Flechtwerkzaun zu registrieren. Weitere Feldarbeiten sollen hier folgen.

Parallel zu den Ausgrabungskampagnen laufen Arbeiten für das geplante Publikationsprojekt, in dem die außergewöhnlich reichen Grabbeigaben dieser Fundstelle behandelt werden. Dabei wird unter anderem angestrebt, einen Katalog mit den Importfunden der Älteren Römischen Kaiserzeit in Dänemark und Schleswig-Holstein zu erstellen. Hierzu werden auch Arbeiten im Fundmagazin, der Restaurierungs- und der Fotowerkstatt des Museums für Archäologie in Schleswig durchgeführt.

Projektbericht des Dänischen Nationalmuseums (på dansk) »Stormanden fra Hoby« (PDF)

Publikationen zu diesem Projekt

R. Blankenfeldt/S. Klingenberg, The Hoby project. In: Arkaeologie i Slesvig/Archäologie in Schleswig. Sonderband „Det 61. Internationale Sachsensymposion 2010“ Haderslev, Danmark (Neumünster 2011) 187–198.

Weitere Informationen zu diesem Projekt im Internet

http://vikingekult.natmus.dk/foerkristne-kultpladser/forside/
http://vikingekult.natmus.dk/foerkristne-kultpladser/noeglepladserne/hoby/
http://www.aabne-samlinger.dk/museumlollandfalster/udforsk/vild-med-arkaeologi/hoby/

 
Themenbereich

Mensch und Gesellschaft

 
 
Forschungsschwerpunkt

Jenseits des Grabes

 
 
Mitarbeiter

Leitung:
Dr. Ruth Blankenfeldt

Mitarbeiter:
Dr. Elena A. Nikulina
PD Dr. habil. Ulrich Schmölcke