Die GIS-Abteilung im ZBSA

Im ZBSA ist ein eigens für die Anwendung des Geographischen Informationssystems (GIS) eingerichteter Arbeitsbereich integriert, in dem die Informationen über Daten mit Raumbezug aus den zahlreichen Forschungsprojekten des ZBSA zusammenfließen.

Nydam-GIS, Stand 2019
Nydam-GIS, Stand 2019

Die Anwendungsmöglichkeiten des GIS sind dabei – bedingt durch die verschiedenen Fragestellungen aus den Forschungsprojekten – unterschiedlichster Natur. Besonders die räumliche Analyse der Daten aus den kaiser- und völkerwanderungszeitlichen Kriegsbeuteopferplätzen Nordeuropas belegen eindrucksvoll die Möglichkeiten, die das GIS für archäologische Fragestellungen liefern kann. So wurden die Grabungspläne der Ausgrabungen zwischen den Jahren 1989 und 1999 im Opferplatz von Nydam in Südjütland systematisch gescannt und digitalisiert, wobei unzählige Fotos und Grabungszeichnungen sowie Datenbankeinträge mit den Plänen verknüpft wurden. Dies ermöglicht nun ganz neue Analyse- und Visualisierungsverfahren, wie sie am Beispiel Nydam erstmals für Kriegsbeuteopferplätze angewendet werden konnten. Besonders wichtige Fragestellungen sind dabei die räumliche Anordnung der Fundobjekte aus verschiedenen Niederlegungsphasen sowie Rekonstruktionen militärischer und personengebundener Ausrüstungen aufgrund von Lageanalysen der einzelnen Bestandteile. Aber auch bei spärlicher Datengrundlage lassen sich beeindruckende Ergebnisse erzielen. Pläne und Schriftstücke aus dem 19. Jahrhundert ermöglichten in Verbindung mit aktuellem Kartenmaterial die Rekonstruktion der genauen Lage der 1860 durch C. Engelhardt untersuchten Grabungsflächen im Thorsberger Moor bei Süderbrarup. Als weitere Mooropferplätze wurden auch die jütischen Fundstellen Illerup Ådal und Ejsbøl im GIS erfasst, womit nun die größten kaiser- und völkerwanderungszeitlichen Waffendeponierungen Südskandinaviens in digitaler Form im ZBSA vorliegen.

Ganz andere Fragestellungen wie Siedlungsentwicklungen und -strukturen sowie Gebäuderekonstruktionen bei der GIS-basierten Analyse von Siedlungen und Zentralplätzen wie Haithabu und Wurt Elisenhof verdeutlichen die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Die Visualisierung baulicher Strukturen bewährt sich auch bei Grabanlagen, wie die Holzkammergräber von Neudorf-Bornstein, Kr. Rendsburg-Eckernförde, oder Poprad-Matejovce in der Slowakei zeigen. Schließlich erlaubt die Verknüpfung archäologischer und naturwissenschaftlicher Fachdaten die Entwicklung komplexer Modelle historischer und prähistorischer Kulturlandschaften. Die Nachvollziehbarkeit aller Arbeitsschritte von der Datenerfassung bis zu der daraus entwickelten Interpretation ist bei dieser Arbeit besonders bedeutsam.

Rekonstruktion des Totenbetts aus dem Kammergrab Poprad-Matejovce
Rekonstruktion des Totenbetts aus dem Kammergrab Poprad-Matejovce

Ein weiterer Arbeitsbereich ist das 3D-Scannen von Objekten  in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) und deren weitere Bearbeitung. Diese erfolgt am ALSH sowie in der GIS- Abteilung des ZBSA. Ziel ist zum einen für die Erstellung publikationsreifer Vorlagen von maßstabsgetreuen Abbildungen und Querschnitten von Objekten. Es werden aber auch von einzelnen Fundstücken wie etwa steinzeitlichen Artefakten  und anderen Objekten dreidimensionale Modelle sowie PDF- Dateien mit 3D-Inhalt erzeugt. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Rekonstruktion von Objekten basierend auf den Ergebnissen der Arbeiten im GIS. Ein gutes Beispiel hierfür ist das frühvölkerwanderungszeitliche Kammergrab von Poprad-Matejovce. Hier erfolgte die 3D- Rekonstruktion des Grabes und eines Teils des Inventars auf der Grundlage des GIS.

Die Arbeitsergebnisse der GIS- Abteilung fließen in interne und externe Publikationen ein. Die digitalen Daten werden am ZBSA vorgehalten und stehen auf Anfrage auch für weitere Projekte zur Verfügung. Eine vorgegebene modulare Datenstruktur für die einzelnen Projekte erleichtert eine spätere Zusammenführung der Daten zu größere Einheiten.

Projekte der GIS-Abteilung

Laufende Projekte
  • EPHA – European prehistoric and historic atlas
    Digitalisierung und Vektorisierung (N. Binkowski, K. Göbel, J. Nowotny, B. Serbe)
  • Erstellung eines Basis-GIS für das Akademieprojekt „Forschungskontinuität und Kontinuitätsforschung – Siedlungsarchäologische Grundlagenforschung zur Eisenzeit im Baltikum“
    Digitalisierung und Vektorisierung der Messtischblätter der Preußischen Landesaufnahme für das Gebiet des ehem. Ostpreußens, der geologische Karten der Preußischen Geologischen Landesaufnahme, der Hollackkarte u. s. w. (N. Binkowski, K. Göbel, J. Nowotny u. a.)
    Einarbeitung der Daten aus den in Schleswig lagernden Archivalien des Grenz- und Fischhausen-Archivs (J. Nowotny, J. Prassolow)
  • Das frühvölkerwanderungszeitliche Kammergrab von Poprad-Matejovce (Projekt „Migration – Acculturation – Integration: Archaeological and cultural heritage in Central Europe (MAI)“)
    3D-GIS für die Grabungsdokumentationen zu den Ausgrabungen in der Slowakei und im Labor; Rekonstruktion der Grabkammer und der Möbel (K. Göbel)
    3D-Scan der Hölzer der inneren Grabkammer und des Inventars; Rekonstruktion in 3dsMax auf Basis der GIS-Daten (J. Nowotny, ALSH)
  • Goldbrakteaten der Völkerwanderungszeit
    Aufbau eines Web-GIS (K. Göbel, A. Pesch u. a.)
  • Prähistorische Siedlung Pestenacker
    Schulung und Beratung beim Aufbau eines 3D-GIS für die umfangreichen Grabungsdokumentationen (K. Göbel)
  • Wattenmeer-GIS
    Digitalisierung und Vektorisierung historischer Karten, Grabungsdokumentationen und Prospektionsdaten zum SH-Wattenmeer (K. Göbel, N. Bluschke, J. Nowotny u. a.)
Ausgewählte abgeschlossene und ruhende Projekte
  • Vor- und frühgeschichtliche Burgwälle in Böhmen
    GIS für alle bis 2018 bekannten vor- und frühgeschichtlichen Burgwälle in Böhmen und räumliche Analysen (K. Göbel, J. Nowotny, V. Salač)
  • Das Tor im Danewerk
    3D-GIS für die Grabungsdokumentationen von 2010 – 2014 (L. Frandson, K. Göbel, R. Mücke, A. Tummuscheit, F. Witte)
  • Ahrensburger Tunneltal – Neubearbeitung der GIS-Daten, 3D-Visualisierung der Bohrprofile (K. Göbel, S. Giebel)
  • Duvensee – 3D-GIS für die umfangreichen Grabungsdokumentationen zu mesolithischen Wohnplätzen aus den Jahren 1996-2001 (N. Binkowski, J. Freigang, K. Göbel, B. Serbe)
  • Wielbark-Kultur – GIS-gestützte Untersuchungen zur räumlichen Lage der Grabhügelgräberfelder der Wielbark-Kultur in Nord- und Ostpolen. (Dr. A. Cieśliński, K. Göbel, J. Nowotny u.a.)
  • Rokær – Grabungsdokumentation zu einem frühneolithischen Grabmonument in Ostjütland/ Dänemark aus dem Jahr 1998 – Rekonstruktion der Grabanlage (N. Binkowski, K. Göbel, A. M. Kristiansen)
  • Ejsbøl – Digitalisierung der Altgrabungen von Hans Neumann, Haderslev Museum, in den Jahren 1956–1964 („Ejsbøl I“) (J. Nowotny)
  • Illerup-Ådal – Digitalisierung der Grabungsdokumentation von 1975 – 1985 (N. Binkowski, K. Göbel)
  • Nydam – Digitalisierung der Grabungsdokumentation der Grabungen zwischen 1989 und 1999, Analyse und Erstellung von Fundkartierungen (K. Göbel)
  • Thorsberg – Lokalisierung der Grabungsflächen und Erstellen von Fundverteilungskarten (K. Göbel)
  • Die Häuser von Elisenhof – Digitalisierung und Rekonstruktion der Siedlungsstruktur und -entwicklung (K. Göbel, N. Binkowski)
  • Digitalisierung und Auswertung der Grabungsergebnisse der Siedlungsgrabungen von Wiskiauten im Kaliningrader Gebiet und Suzdal (J. Frenzel)
  • Fundkartierung der Siedlungsgrabung Schietzel in Haithabu  (N. Binkowski, J. Schultze).
  • Neudorf-Bornstein – Digitalisierung und digitale Rekonstruktion der Grabkammer (K. Göbel)
  • Fundplatz Lübzow/Lubieszewo (K. Göbel)
  • Gräberfeld Pilgramsdorf  (K. Göbel)
  • Geländemodell Lübecker Bucht (K. Göbel)
  • Ausgewählte Gräberfelder der Wielbark-Kultur (Dr. A. Cieśliński, K. Göbel, J. Nowotny u.a.)
  • Satrup LA 2 (J. Nowotny)
  • Haithabu LA 48, LA 49 – Suchgräben Jankuhn (J. Nowotny)
  • Römische Fundmünzen im Baltikum  (J. Nowotny, A. Zapolska)
  • Kiel Ellerbek- Digitalisierung der Vorlage von Franzius 1883 (J. Nowotny)
  • Bordesholm – Digitalisierung von Dokumentation der Klosterkirche (N. Binkowski, K. Göbel, J. Nowotny, T. Opitz)
  • Digitalisierung ausgewählter Dokumentation des Fundplatzes Hollingstedt (J. Nowotny)
  • Kartenerstellung und Digitalisierung für UNESCO- Weltkulturerbeantrag „Viking Age sites in Northern Europe“ (K.Göbel, J. Nowotny)
  • Digitalisierung ausgewählter sächsischer Burgwälle in Holstein und Erstellung dreidimensionaler Modelle der Stellerburg und der Burg Esesfelth für Dissertation Th. Lemm (J. Nowotny)
  • Mejlby 2, RIM 906 –  Gräberfeld in Dänemark  (M. Franozyk, K. Göbel)
  • Kasuciai – Gräberfeld in Litauen (K. Göbel, J. Nowotny, E. Stankevičiūtė)
  • Erstellung eines „Liegenschafts-GIS“ für die Verwaltung der Schlossinsel Gottorf (J. Nowotny, M. Zabel)
  • Motala, GIS und 3D-Visualisierung (K. Berggren, K. Göbel)