Hunting in northern Europe until 1500 AD (Band 7)

Old Traditions and Regional Developments, Continental Sources and Continental Influences

Der Tagungsband zum Jagd-Workshop

Cover Hunting in northern Europe

Keimzelle dieses Buches war ein internationaler Workshop, den das ZBSA im Juni 2011 unter dem Titel „Hunting in Northern Europe AD 500–1500. Old Traditions, Regional Developments and Foreign Influences“ veranstaltete. Ziel dieser Konferenz, wie auch dieses darauf aufbauenden Buches, war es, Jagd in einer diachronen Perspektive durch Fallstudien ganz unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen zu betrachten. Dies gründet auf der Überzeugung der Herausgeber, dass eine Kulturgeschichte der Jagd nur erfolgreich erarbeitet werden kann, wenn alle relevanten geistes- und naturwissenschaftliche Disziplinen an den notwendigen Diskussionen beteiligt werden.

Zwei Aspekte stehen in diesem Band im Mittelpunkt der 35 in sich abgeschlossenen, aber durch rahmende Kapitel zusammengeführten Einzelbeiträge. Zum einen gilt es, das Spannungsfeld zwischen einheimischen nordeuropäischen Jagdtraditionen, regionalen Entwicklungen und kontinentaleuropäischen Einflüssen im Zeitraum vom Jungpaläolithikum bis zum Mittelalter zu beleuchten, wozu vielfältige Quellengattungen zur Verfügung stehen: In erster Linie sind dies archäologische Befunde (z. B. Jagdfallen) und Funde (z. B. Jagdwaffen) oder Knochen von erbeuteten Tieren, zudem steuern ethnoarchäologische Beobachtungen und experimentell-archäologische Versuche wichtige Einblicke in die sich wandelnden Methoden und Taktiken bei. Zum anderen soll auch die geistig-kulturelle und herrschaftspolitische Relevanz von Jagd analysiert werden, ein Aspekt, der auf Auswertungen von Schrift- und Bildquellen, Ortsnamen und Realien beruht.

Diesen Ansatz reflektiert die Gliederung des Buches, das sich der Geschichte der Jagd von verschiedenen Seiten nähert und eine aktuelle Zusammenschau höchst unterschiedlicher Quellen bietet. Der herausgebenden Institution gemäß sind es primär Archäologen und Archäozoologen, die verschiedene Aspekte der Jagd in Nord- und Mitteleuropa vom Ende der Eiszeit bis zum Ende des Mittelalters darstellen (Beiträge von Sveinung Bang Andersen, Claus Dobiat, Aikaterini Glykou, Oliver Grimm, Leif Hansen, Sönke Hartz, Bodil Holm Sørensen, Ulf Ickerodt, Svein Indrelid, Wietske Prummel, Christoph Reichmann, Peter Trebsche, Ulrich Schmölcke, Peter Vang Pedersen, Maria Vretemark, Mara-Julia Weber). Flankiert werden diese Studien durch Analysen der Jagdausübung in den römisch-kaiserzeitlichen Provinzen an Rhein und Donau (Thomas Fischer) sowie durch eine Untersuchung der Jagdrelevanz im prähistorischen and historischen Litauen (Algirdas Girininkas, Linas Daugnora). Experimentalarchäologie findet sich in einem Beitrag über Rekonstruktionen und Effektivität vor- und frühgeschichtlicher Pfeile und Bögen (Harm Paulsen), Landschaftsarchäologie liefert entscheidende Details insbesondere über frühe Tiergärten und Jagdwälder und damit über die Jagd als Statussymbol mittelalterlicher Oberschichten (Åsa Åhrland, Martina Giese, Christian Radtke, Christoph Reichmann, Jürgen Udolph). Auf Hunde und Greifvögel, seit Jahrtausenden Begleiter des Menschen auf der Jagd, gehen eine ganze Reihe von Artikeln näher ein (Claus Dobiat, Bodil Holm Sørensen, Wietske Prummel, Ulrich Schmölcke, Peter Vang Pedersen, Sigmund Oehrl, Maria Vretemark), und die Bedeutung von naturwissenschaftlichen Methoden wie Archäogenetik und die Analyse stabiler Isotope in Knochen für die Jagdforschung wird ebenfalls diskutiert (John Meadows, Elena A. Nikulina, Svein Indrelid). Doch neben diesen Fächern, die der Archäologie im weitesten Sinne zuzurechnen sind, kommen auch rein geisteswissenschaftliche Disziplinen ausführlich zu Wort. Die Auswertung von Schriftquellen (Åsa Åhrland, Lydia Carstens, Martina Giese, Frode Iversen, Siegmund Oehrl, Christian Radtke), Bildern (Åsa Åhrland, Vera Henkelmann, Sigmund Oehrl) und Ortsnamen (Inge Særheim, Jürgen Udolph, Frode Iversen) trägt ganz wesentlich zum Verständnis von räumlichen und zeitlichen, diachronen und synchronen Traditions- und Innovationslinien im Bereich der nordeuropäischen Jagd bei.

Das Buch will sich als ein neuartiger Ansatz zu einer synthetischen Jagdgeschichtsforschung verstanden wissen. Deshalb schließt es mit einem sehr konkreten Ausblick auf weitere Forschungsmöglichkeiten und -aufgaben. Drei Schlüsselaspekte werden dabei als besonders bedeutsam für weiterführende Untersuchungen herausgestellt: langlebige Traditionen sowie regionale Entwicklungen in Nordeuropa und kontinentaleuropäische Einflussnahmen auf jenes Gebiet.

Insofern ist dieses Buch, das keine Parallele in der nordeuropäischen Forschung hat, als Ausgangspunkt für zukünftige vom ZBSA initiierte Arbeiten zu verstehen.