Ausgrabungsfläche mit Zelt

Sensationsfund im Duvenseer Moor: Das älteste Grab Norddeutschlands

Bei Ausgrabungen des zur Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf gehörenden Zentrums für Baltische und Skandinavische Archäologie in Lüchow, Kreis Herzogtum Lauenburg, wurde in der vergangenen Woche die bisher älteste Grabstätte Norddeutschlands entdeckt. Dabei handelt es sich um eine Brandbestattung, die von mittelsteinzeitlichen Jägern, Fischern und Sammlern vor ca. 10.500 Jahren am Rande des Duvenseer Moors angelegt wurde.

Zu dieser Zeit war die letzte Eiszeit bereits seit mehr als 1000 Jahren Vergangenheit. In der Landschaft hatten sich zunächst als Pioniervegetation Birken- und Kieferwälder ausgebreitet, die nun aber zunehmend durch die Hasel verdrängt wurden, welche großflächige Buschwaldbestände ausbildete. Vor allem in der Jungmoränenlandschaft entlang der heutigen Ostsee existierten zahlreiche Seen, deren flache Ufer zunehmend verlandeten. Diese Landschaft wurde von Jäger- und Sammler-Gruppen bewohnt, die von Süden herkommend der sich ausbreitenden Waldlandschaft gefolgt waren, während die zuvor ansässigen Rentierjäger der Späteiszeit nach Norden abgewandert waren. Die nachfolgenden Jäger-und-Sammler-Gruppen lebten von der Jagd auf das Wild des Waldes (Rothirsch, Reh, Wildschwein), vom Fischfang und vom Sammeln insbesondere der weit verbreiteten Haselnuss.

Eine der Schlüsselregionen zur Erforschung dieser Zeit ist das Duvenseer Moor im Kreis Herzogtum Lauenburg, Schleswig-Holstein, wo bereits vor knapp 100 Jahren die ersten Wohnplätze dieser steinzeitlichen Jäger und Sammler entdeckt wurden. Seit Mitte der 1960er Jahre bis zu seinem Ruhestand am Beginn der 2000er Jahre war es der Archäologe Klaus Bokelmann vom damaligen Archäologischen Landesmuseum in Schleswig, der die Forschungen entscheidend vorangetrieben hatte. Ihm ist die Entdeckung von weit mehr als 20 weiteren Fundstellen im Duvenseer Moor zu verdanken. Dazu gehört auch der Fundplatz Lüchow LA 11, auf dem jetzt die Brandbestattung gefunden wurde.

Seit 2010 hatte Dr. Harald Lübke im Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie (ZBSA) die Aufgabe übernommen, diese erfolgreichen Forschungen fortzuführen. Durch die Digitalisierung aller Ausgrabungsdokumentationen zu den bis dahin bekannten Fundstellen war eine ausgezeichnete Grundlage für weitere Geländearbeiten geschaffen worden, die in enger Abstimmung und Unterstützung mit der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH), durchgeführt wird. Diese wurde außerdem durch den an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 2016 neu eingerichteten und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereich 1266 „TransformationsDimensionen – Mensch-Umwelt Wechselwirkungen in Prähistorischen und Archaischen Gesellschaften“ ermöglicht, an dem das ZBSA mit insgesamt vier Teilprojekten beteiligt ist. Dabei ist das Projekt 1266-B2 „Transformationen spezialisierter holozäner Wildbeuter“ federführend bei den neuen Untersuchungen im Duvenseer Moor. In enger Zusammenarbeit mit den naturwissenschaftlichen Partnerdisziplinen wie der Geophysik oder der Paläobotanik konnten wichtige neue Erkenntnisse zur Geomorphologie und Entwicklung des Moores gewonnen werden. Die archäologischen Ausgrabungen, die mit Unterstützung des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein und des Museums für Archäologie durchgeführt werden, liefern neue Informationen zur Nutzung dieser Mikroregion durch die damaligen Menschengruppen. Während bei den altbekannten Wohnplätzen vor allem das saisonale Sammeln von Haselnüssen im Vordergrund stand, lassen sich auf den neu untersuchten Stationen in sehr viel stärkerem Umfang Jagd- und Fischfangaktivitäten nachweisen. Dies weist auf eine ganzheitliche und diversifizierte Landschaftsnutzung hin. Diese bisher schon ausgesprochen erfolgreichen Forschungsergebnisse werden jetzt aber noch einmal gesteigert durch die Entdeckung der Brandbestattung auf der Fundstelle Lüchow LA 11.

Foto: Eine kleine Grabungsfläche mit großem Potential! (Quelle: ALSH)